"Ich wurde gefragt, ob ich das neueste „Sanktionshungern“ von Ralph Boes unterstütze, oder warum ich es nicht tue. Meine Gründe: Zunächst halte ich dieses erneute „Sanktionshungern“ für den falschen politischen Weg. Hartz IV oder hier speziell die derzeitige unsägliche Sanktionspraxis sehe ich als einen gesamtpolitischen Skandal an, welches auch in diesem Duktus „angegangen“ werden sollte. Es kann nur durch eine Gesetzesänderung erfolgen. Dazu bedarf es eines Widerstandes unter Berücksichtigung und Differenzierung aller Seiten sowie die Verknüpfung der tatsächlichen internen Abläufe und nicht nach Vermutungen. Ich bin nicht der Meinung, dass die alleinige „Schuld“ nur bei den Mitarbeitern in den Jobcentern liegt. Die Agenda 2010 ist ein neoliberales Konstrukt, welches die Lobbyisten und den Niedriglohnsektor stärkt und für diese eingeführt und ausgebaut wurde / wird. Zwar sind die Ausführenden durchaus die Jobcenter; jedoch nur die Mitarbeiter an den Pranger zu stellen, ist für mich ein Schwarz-Weiß-Denken. Dieses führt die Gewaltspirale an und unterstütze ich nicht. Vielmehr frage ich mich, ob die Menschenwürde in diesem Fall nicht für alle gilt? Für mich bedeutet Menschenwürde und Pazifismus: Es gilt für alle. Aber genauso gilt auch für die Mitarbeiter in den Jobcenter und den Gerichten: Jeder ist für sein Handeln selbst verantwortlich. Keiner muss tatsächlich sanktionieren, wenn er oder sie sich die Zeit nehmen würde die tatsächlichen Gründe für eine Verweigerung zu sehen und vor allem anzuerkennen. Dazu bedarf es ein Umdenken und sich von der internen Propaganda zu lösen, Zahlen zu ignorieren und Mensch sein! Weiterhin unterstütze ich nichts, wo Menschen zu Tode kommen oder diesen in Kauf nehmen. Nun mag man sagen: „Die Jobcenter töten.“ Es ist ein Skandal, dass den Menschen, die nicht parieren, alles genommen werden kann und wird. Und das verurteile ich ebenso. Ich verurteile aber auch, wenn Gewaltkommentare gegen Mitarbeiter oder Jobcenter stillschweigend hingenommen werden oder gar unterstützt werden. Gewalt ist nie eine Lösung und für mich ein Ausdruck der Verzweiflung. Widerstand heißt für mich: Ausdauer, Hartnäckigkeit, Strategie, Neues, Positives, Differenzierung und im Leben stehen. Widerstand kann nur geleistet werden, wenn man lebt! Daraus folgt die politische Problemanalyse, daraus das Handeln und das Aufzeigen von Wegen aus der Situation. Ein Aufschrei in Form von Kommentaren auf Facebook reicht nicht aus. Vielmehr ist es für mich das emotionale Motiv zum Widerstand. Was haben wir bisher erreicht? Zum ersten Mal seit zehn Jahren wird so viel wie noch nie über die Sanktionspraxis diskutiert: politisch, verbandsorientiert, innerhalb der Jobcenter und Arbeitsagenturen und auch die BA gibt es intern zu. Das hat nur funktioniert, weil viele Menschen, ob betroffen oder nicht, ihren eigenen Widerstand leisten – sei er laut oder leise. Es hat dann nicht funktioniert, wenn undifferenziert oder mit Gewalt drauf eingedroschen wurde. Wissenschaftler, Aktivisten, Verbände und z.T. Betroffene werden angehört und gehört. Eine Mauer des Schweigens der internen Abläufe wurde durchbrochen. Ich denke, wir sind uns einig, wenn ich sage: Hartz IV muss weg! Und neue Alternativen geschaffen werden müssen. So geschaffen, dass die Menschen keine Angst vor dem Verhungern oder einem Wohnungsverlust haben müssen. Keine Angst vor einer Stigmatisierung mit all seinen Folgen. Und keine Angst vor einer Behörde: Sei es das Jobcenter, Arbeitsagentur oder dem Grundsicherungsamt. Es wird Zeit, aus der Rolle Opfer oder und Täter auszubrechen und differenziert aufzuklären. Dennoch bin ich, was die Ziele angeht, solidarisch - Gemeinsam sind wir stark!" Aus den Kommentaren:
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