An das
Jobcenter Berlin-Mitte
Betr.: BG
955A123521tr.:
Ihren
Brief vom
19.12.2014
Sehr geehrte
Frau
Xxxxxxx –
Über Ihre
strikte Weigerung, auf meine Fragen einzugehen, bin ich jetzt doch
sehr über-
rascht.
Ich kann sie
verstehen – aber sie ist so absolut nicht akzeptabel.
Indem
ich Sie fragte,
inwiefern DURCH
IHRE TATEN,
vor allem aber DURCH DIE gesetzlich geforderten SANKTIONEN
meine Würde geachtet und geschützt wird,
habe ich nicht
eine sachfremde und irgendwie übergehensfähige "politische" Frage an
Sie gerichtet. Es handelt sich um die Frage, die die Grundlage
eigentlich JEDER (gesunden) menschlichen Begegnung ist – und um die
Ur-RECHTS-frage
dieser Republik!
"Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen
ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt."
So heißt es ja
bekanntlich in unserer Verfassung.
Wie ich das
letzte Mal das Wörtchen "schützen"
hervorgehoben habe, möchte ich das diesmal mit dem Wörtchen "aller"
tun: "Sie zu achten und zu schützen ist Aufgabe
ALLER staatlichen
Gewalt".
Im Gegensatz zur
Fassung der Charta der europäischen Menschenrechte, in der es nur noch
heißt:
"Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie ist zu achten und zu
schützen."
– in der also
niemand mehr genannt
ist, der für das Achten und Schützen verantwortlich ist (was –
leider mit Absicht – die Sache zu einem bloßen Lippenbekenntnis
macht), ist hier – aus bekannten guten Gründen !!! – der
Verantwortliche
absolut genau benannt.
ALLE staatliche Gewalt
ist in die Pflicht genommen – nicht nur ein ungenannter oder näher zu
definierender Bereich.
Sehr geehrte
Frau Xxxxxxx,
natürlich
gehören Sie als Ausführende / Vollziehende staatlicher Gewalt zu
diesem "ALLER"
absolut mit dazu. Weshalb die im letzten Brief gestellte Frage nicht
nur eine politische, sondern die – auch
rechtliche ! –
Grundfrage unserer Beziehung und Ihrer Arbeit schlechthin ist. Und ich
bin sicher, dass viele ihrer Kollegen, vielleicht auch Sie selbst,
gerne direkt im Sinne der Achtung und es Schutzes der Menschenwürde
arbeiten würden - und selbst
vielfach darunter leiden, dass die Möglichkeit dazu nur
eingeschränkt gegeben ist.
Nun hat unser
Gesetzgeber es aber versäumt, ein Gesetz zu schaffen, das mit der
Menschenwürde vereinbar ist. In Hartz IV ging es nicht darum, die
Wandlungen der Wirtschaft und der damit verbundenen internationalen
Beziehungen so zu begleiten und zu gestalten, dass bedingungslos die
Menschenwürde geachtet und geschützt ist. Im Dienste der Interessen
ganz bestimmter Wirtschaftsgruppen ging es darum, den
Niedriglohnsektor und die "Flexibilisierung" des Arbeitsmarktes zu
fördern. Und die Sanktionen sind das
entscheidende Mittel,
die Menschen zur Aufnahme von Arbeiten zu bewegen, ja zu
nötigen, die ihren
eigentlichen Bedürfnissen widersprechen.
In äußerst
bedenklicher Weise hat man die Bundesrepublik im Sinne eines Marktes,
der nicht mehr Ausdruck einer naturgemäßen und menschlich-wohltätigen
Wirtschaftordung sondern einer ausschließlich gewinn-orientierten
neoliberalen Gesellschaftsoberklasse ist, vom "demokratischen und
sozialen Bundesstaat", der er nach Artikel 20 GG Satz 1 sein soll, zu
einer sog. "marktkonformen Demokratie" verwandelt, in der die "Markt"-vorteile
Übergewicht erhalten. Der Grundsatz:
"Wenn es den
Menschen gut geht, geht es auch der Wirtschaft gut",
weil
"Wirtschaften" das natürlichste Interesse einer gesunden Menschheit
ist, wurde durch die schon millionenfach als absolut falsch erwiesene
Behauptung
"Wenn es der Wirtschaft gut geht, geht es auch den Menschen gut"
ersetzt.
Herrenrechte und
Privilegienrechte sind an Stelle der verfassungsmäßigen allgemeinen
Rechte getreten. Die Bundesrepublik
im Sinne ihrer Gründer
wird – und dies inzwischen nicht nur auf dem sozialen, sondern auf
fast allen Feldern – abgeschafft. Und dieses hindert
uns immer mehr daran,
konfliktfrei an die Verfassung anzuknüpfen.
Dennoch ist die
Verfassung weiterhin allgemeines und
vor allem gültiges
Recht. Und im Spannungsfeld der verfassungswidrigen politischen
Geschehnisse mit der Verfassung und den allgemeinen Menschenrechten
entstehen unsere
Probleme.
Sehr geehrte
Frau
Xxxxxxx
Nach Artikel 20
GG Satz 4 heißt es:
"Gegen jeden,
der es unternimmt, die verfassungsmäßige Ordnung zu beseitigen, haben
alle Deutschen das Recht auf Widerstand – wenn andere Abhilfe
nicht möglich ist".
Als ein Weg, die
letzten noch möglichen Schritte zu einer solchen "anderen Abhilfe" zu
gehen, sind meine Aktionen auch mit Ihnen anzusehen. ICH
begreife meine Aktionen als grund-menschliche Pflicht, die selbst
durch unsere Verfassung gedeckt und gefordert ist.
Sie haben nun zu
entscheiden, wie Sie damit umgehen wollen.
Meine Würde ist
durch Sie zu achten und zu schützen.
Inwiefern glauben Sie, dass Sie dies tun, wenn sie mich in der Art
behandeln, wie es durch SGB II vorgesehen ist?
Die Antwort auf
diese Frage steht noch immer offen.
Und
gegebenenfalls auch, dass Sie remonstrieren.
In Artikel 20 GG, Satz 3 heißt es:
"Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die
vollziehende Gewalt und Rechtsprechung an Gesetz und Recht gebunden."
Sie sind
einerseits an das Gesetz
– andererseits aber auch an das
Recht gebunden. Und das Verfassungsrecht ist allen anderen
Gesetzen vorgeordnet.
Im Sinne des §
63 BBG ist es die PFLICHT eines jeden Beamten, zu "remonstrieren" wenn
er Zweifel an der Rechtsgültigkeit der ihm vorgegebenen Handlungen
hat.
Er hat sogar
absolut und
unentbindbar die angeordnete Durchführung einer Handlung zu
verweigern, wenn die Würde des Menschen durch die Anordnung verletzt
wird.
Und Beamter im
Sinne der Remonstrationspflicht ist
haftungsrechtlich
jeder,
dem die Ausübung öffentlicher Gewalt anvertraut ist.
Sehr geehrte
Frau Xxxxxxx –
Nun kann ich
mir denken, welche Hürden damit zusammenhängen, den so geforderten Weg
zu gehen. Und ich bitte nicht ums "Ganze".
Ich mache Ihnen
ein Angebot, welches im Rahmen Ihrer Möglichkeiten liegt und mich auf
meinem Weg nach Karlsruhe stützen würde:
Sie haben mir
die Möglichkeit zur Mitteilung von Anpassungswünschen nach § 15 SGB II
eingeräumt.
Im ersten Satz
des § 15 heißt es:
"Die Agentur für Arbeit soll … die für die Eilgliederung
erforderlichen Leistungen vereinbaren."
Ich unterstreich
diesmal das Wort "soll".
Soll heißt nicht "muss".
Ich würde sie bitten, die Vereinbarung auszusetzen.
Da ich die Sache
allerdings wieder öffentlich machen werde, bitte ich Sie, das mit
ihren Vorgesetzen abzusprechen. Ansonsten bin ich zu jedem Gespräch
mit Ihnen und auch mit ihren Vorgesetzen bereit.
Mit freundlichem
Gruß,
Ralph Boes
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