-Zurück-

 
1     
   
 
 
 
 
Ralph Boes

Berlin, den 11.01.2017

   

Spanheimstr. 11, 13357 Berlin

 
 
 
 
 

Sozialgericht Berlin

- 102. Kammer, Herrn Richter ... -

Invalidenstraße 52

10557 Berlin

 
   
 
 
 
 

Az.: S 102 AS 26149/13

 
 

Betr.: Ihren Brief vom 03.01.2016: Einladung zur mündlichen Verhandlung

 

 
 

Sehr geehrter Herr Dr. ... -

 

 

ich freue mich auf unsere Begegnung.

 

Das meiner Klage zugrunde liegende Gutachten zur Verfassungswidrigkeit der Sanktionen wird jetzt, nachdem es über das SG Gotha im BVerfG eingereicht worden ist, aktiv in Karlsruhe bearbeitet. Ende Dezember sind viele Anfragen an Experten von Karlsruhe aus versendet worden.

 

Im Verlauf der Auseinandersetzung mit dem Jobcenter und den Gerichten hatte ich allerdings die Empfindung, dass die Sache noch tiefer gefasst werden müsse, als das bisher geschehen ist.

 

Ich möchte deshalb noch meinen Hauptklagepunkt:

Die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Arbeitsbegriffes in SGB II
s. Anlage 1

und meine

Abhandlung zu Wesen und Bestimmung der Lebensmittelgutscheine
s. Anlage 2

in den Prozess mit einbringen.

 

- Die Fehlerhaftigkeit des Arbeitsbegriffes in SGB II ist die übergeordnete Ursache für das Sanktionswesen in SGB II und es resultiert aus ihm eine stärkste Diskriminierung meiner Person.

- Die Abhandlung zu Wesen und Bestimmung der Lebensmittelgutscheine zielt auf den Schlussstein der Argumentation der Befürworter der Sanktionen und zeigt, dass die Gutscheine NICHT, wie allgemein behauptet,

eine "letzte Grundversorgung" im Sinne eines Schutzes der Menschenwürde sicherstellen,

sondern die letzte Rechtfertigung für ein bewusst die Menschenwürde außer Kraft setzendes Zwangssystem sind.

 

 

Beides sind Punkte, die nicht außer Acht gelassen werden dürfen …

 

Die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des Arbeitsbegriffes in SGB II

s. Anlage 1

bitte ich, genau so wie die andere nach der Verfassungsmäßigkeit der Sanktionen

s. Klageschrift vom 31.10.2013

allem anderen gegenüber als vorrangig, d.h. als Teil meines Antrags auf eine Richter-vorlage zu behandeln,

und, wie in der Klageschrift vom 31.10.2013 beantragt, den übrigen Prozess nach Artikel 100 Absatz 1 Satz 1 GG auszusetzen.

 

 

 
Ich stelle also den Antrag:

 

1. Das Verfahren gemäß Artikel 100 Abs. 1 Satz 1 GG auszusetzen

 

2. dem Bundesverfassungsgericht folgende Fragen zur Entscheidung vorzulegen:
 

A.

Werden der ARBEITSBEGRIFF, den das Jobcenter vorlegt, und die Definition des "Interesses der Allgemeinheit", an dem das Jobcenter den Wert der Arbeit bemisst: a) dem Wesen der Arbeit, b) ihrem wahren Nutzen für die Gesellschaft, c) der Achtung dem Schutz der Menschenwürde und d) dem Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit gerecht ?

(S. die hiermit eingereichte Anlage 1)
 

B.

Sind die § 31a i. V. m. § 31 und § 31b SGB II (in der Fassung des Zweiten Sozialgesetzbuches vom Sozialgesetzbuch vom 24. März 2011, BGBl. I vom 29.3.2011, S. 453) mit dem Grundgesetz vereinbar, insbesondere mit dem Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, das sich aus Art. 1 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 20 Abs. 1 GG, sowie mit Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 2 Abs. 2 S. 1 ergibt ?

(S. Klageschrift vom 31.10.2013)

3. Zusätzlich stelle ich den Antrag,

C:

die hiermit beigelegte Betrachtung zu Wesen und Bedeutung der Gutscheine (Würde ODER Leben) in das Verfahren mit einzubeziehen.

(S. die hiermit eingereichte Anlage 2)

 

 

 

Alle weiteren Anträge aus der Klageschrift vom 31.10.2013 bleiben erhalten.

 

 

Mit freundlichem Gruß,
RB

 


 

[1] Bezüglich der Gutscheine befindet sich der Staat in einer widersprüchlichen Doppelrolle:
Bei den Sanktionen handelt es sich um Maßnahmen zur "Erziehung" der Arbeitslosen.
Als bewusster Verursacher der Notlage der Sanktionierten kann der Staat nicht zugleich Schützer der Menschenwürde sein.