Hartz IV und der Steuerzahler – Eine Anmerkung zur Klärung der vielen Irrtümer in der öffentlichen Diskussion
Hartz IV ohne Sanktionen und ohne Arbeitszwang -
das sei dem Steuerzahler nicht zu vermitteln - Wer sie genauer beschaut, sieht, dass sie kompletter Unsinn ist. Meine Auseinandersetzung mit diesem Thema stelle ich hier zur Diskussion. Verbesserungsvorschläge sind sehr erwünscht. Zum Mitschreiben unter jedem Abschnitt auf "Kommentare" klicken.
1.) Wer ist eigentlich "der Steuerzahler" ?
a) Der
Kunde – nicht der
Erwerbstätige (!) – ist in Wirklichkeit „der Steuerzahler“.
Der Erwerbstätige ist nur vordergründig
„der Steuerzahler“.
Schon bei der Mehrwertsteuer ist
klar, dass diese nicht vom Erwerbstätigen sondern vom
Konsumenten getragen wird. Nicht anders verhält es sich aber mit den übrigen Steuern – und auch mit den Sozialabgaben! Auch diese werden letztlich(!) vom Konsumenten getragen! Denn alle im Produktions- und Arbeitsprozess anfallenden Steuern und Sozialabgaben werden letztlich in die Preise kalkuliert!
Man muss hier zwischen der
Erstwahrnehmung eines Sachverhaltes und seiner vollen Wirklichkeit
unterscheiden:
Dasselbe gilt auch für die „Beschäftigten“. Auch die für sie vom Arbeitgeber entrichteten Steuern und Sozialabgaben werden in die Preise kalkuliert. Auch ihre Steuern und Sozialabgaben trägt der Kunde.[1]
- Wenn jemand von uns ernsthaft sagen würde: „Ich brauche kein Atomkraftwerk – bei mir kommt der Strom aus der Steckdose“ – würden wir ihn auslachen, weil jeder von uns den Fehler daran sieht. Bezüglich der Steuerzahler machen Politik und Öffentlichkeit aber genau denselben Fehler. [2]
b) Der Transferempfänger ist als Kunde selbst mit auf der Seite der Steuerzahler!
Nur wer den Erwerbstätigen für „den Steuerzahler“ hält, kann im Sinne der eingangs gestellten Frage der Antragsgegnerin vom Transferempfänger die Erbringung besonderer Pflichten gegenüber dem Erwerbstätigen verlangen.
Wenn der Erwerbstätige aber nicht „der Steuerzahler“ ist, weil er die Steuerlast an den Kunden/Konsumenten weitergibt, fehlt dieser Argumentation der Boden.
Versucht man jetzt, eine solche „Pflicht“ des Transferempfängers wenigstens noch dem „wirklichen“ Steuerzahler, d.h. dem Konsumenten gegenüber zu postulieren, wird man ebenfalls scheitern. Denn der Transferempfänger ist als Kunde selbst mit auf der Seite der Steuerzahler!
So weit sie Konsumenten sind, sind vom hier zugrunde gelegten Gesichtpunkt alle Menschen gleich. Das wahre Spannungsfeld liegt nicht zwischen „Steuerzahler“ und „Transferempfänger“, sondern zwischen Leistungs-erbringer und Leistungs-empfänger (gemeint ist hier: der Konsument!). Und wenn auch unser Steuer- und Sozialabgabensystem so gestaltet ist, dass zunächst ein anderer Anschein entsteht (man könnte es sehr viel einfacher gestalten) – so werden alle Steuern und Sozialabgaben am Ende doch von den Leistungsempfängern (= den Konsumenten) bezahlt.
c) Fazit:
Verhältnisse der Unfreiheit sind aus dem Verhältnis von Steuerzahler und Transferempfänger nicht zu begründen, weil beide auf der Seite der Steuerzahler sind Wenn man überhaupt von „schuldig sein2 oder Schuld sprechen möchte dann nur so, dass man sagt: Der Transferempfänger schuldet den anderen Mitgliedern genau so viel an Zuwendung und Mithilfe wie schlechterdings jeder freie Mensch jedem freien Menschen an Zuwendung und Mithilfe „schuldet“.
2.) Wer ist der Leistungserbringer ?
a) Leistungserbringung und Geldverdienen sind nicht gleichzusetzen:
Wenn es schon falsch ist, den
Leistungserbringer mit dem Steuerzahler gleichzusetzen so ist es erst recht falsch, den Leistungserbringer mit dem Geldverdiener gleichzusetzen.
Sehr viele Menschen leisten wichtige Arbeit, ohne, oder ohne angemessen dafür Geld zu erhalten. [3] Und sehr viele Menschen – vor allem in den oberen Schichten – erhalten Geld, ohne – oder ohne angemessen – etwas dafür zu leisten. [4]
Die „Reichen“ z.B. werden aus Systemgründen immer reicher (Steuersystem, Zinssystem, Konstruktion der Währungen, z.B. des Euro oder des Dollar usf.) – und nicht, weil sie immer mehr leisten … Und viele Erbringer wichtiger Leistungen werden aus Systemgründen von vorneherein gar nicht (etwa Mütter) - oder immer weniger bis gar nicht mehr bezahlt.
Wer Leistungserbringung (Arbeit) und Gedverdienen gleichsetzt und sogar den „Wert“ der Arbeit an der Höhe der Bezahlung misst, legt die Basis für ein System, in dem ein – systemerzeugter (!) – Geldadel über die wahren Leistungserbringer herrscht.
b) Fazit:
Leistungserbringung und Geldverdienen sind in keiner Weise gleichzusetzen.
Der wahre Wert der Arbeit ist an ihrem Inhalt und an der Art und Weise seiner Umsetzung zu bemessen, aber nicht daran, ob, oder wie viel Geld man damit verdient. Im Gegenteil: Es gilt anzuerkennen, dass auch der nicht-Erwerbstätige unter Umständen wichtigste Arbeit für das Gemeinwohl leistet.
3.) Wer ist – und in welcher Höhe – Steuergeldempfänger ?
a) Die Hälfte des Transfergeldes ist nur ein „durchlaufender Posten“ und geht durch den Konsum des Hartz-IV-Empfängers unmittelbar in die öffentliche Hand zurück.
Durch seinen Konsum entrichtet der Hartz-IV-Emfänger - zum einen die Mehrwertsteuer
- zum andern erstattet er dem
Produzenten/Leistungserbringer auch sämtliche durch ihn an den Staat und
an die Sozialkassen entrichteten Beträge.
D.h., wie jeder andere Konsument ist auch
der Hartz IV-Empfänger „der Steuerzahler“.
Die Staatsquote, d.h. der
durchschnittliche Anteil an Steuer und Sozialversicherung im Konsum, liegt
bei ca. 50 Prozent des Preises. –
Da der Hartz-IV-Empfänger damit die Hälfte des Geldes durch den Konsum an den Staat zurück entrichtet (Staatsquote), beträgt die wahre Belastung, die von ihm an die Gesellschaft ausgeht, nur die Hälfte des an ihn ausgegebenen ALG-II-Betrages.
Die andere Hälfte ist für den Staat ein „durchlaufender Posten“ und geht durch den Konsum des Hartz-IV-Empfängers unmittelbar an die öffentliche Hand zurück.
b) Auch der Erwerbsarbeiter erhält Steuergeld
Zur Sicherung seiner Lebensgrundbedürfnisse erhält auch der Erwerbstätige Geld vom Staat.
Der
Erwerbstätige darf die ersten 8000 Euro
seines Verdienstes unversteuert lassen (Lohnsteuer-freibetrag). Gemessen
am vollen Steuersatz sind ihm damit schon ca. 3500 Euro gutgeschrieben. D.h.,
der Erwerbstätige erhält das Geld zwar
nicht direkt ausgezahlt, er aber darf es aber einbehalten
statt es als Steuer zu entrichten. Hinzu kommen der
Arbeitnehmer-Freibetrag (1000 Euro) plus ggf. ein Sparerfreibetrag (800
Euro).
c) Fazit:
Zur Sicherung ihres Lebensgrundbedarfes erhalten beide – der Erwerbstätige genauso wie der Transferempfänger – Geld vom Staat. Während der Bezieher eines kleinen Arbeitseinkommens ca. die Hälfte des vollen Hartz IV-Betrages einbehalten kann, gilt umgekehrt, dass höhere Einkommen durch Abschreibungen und andere Vergünstigungen ein Vielfaches des Hartz-IV-Betrages an Steuergeldern einbehalten können - woran nur eine weitere Ungerechtigkeit des Systemes deutlich wird.
Wer im Glashaus sitzt soll nicht mit Steinen
werfen. Unter diesem Gesichtspunkt ist es völlig unangemessen, den Hartz
IV-Empfänger zu diffamieren oder ihn seiner Grundrechte zu berauben, wie
das durch die Eingliederungsvereinbarung und durch die Sanktionen
geschieht. So wenig die Steuerfreibeträge
und Vergünstigungen als Begründung genommen werden, die
bürgerlichen Grundrechte einzuschränken, so wenig darf der
Transferbezug dazu verwendet werden.
4.) Das Steuersystem als Ursache von Arbeitslosigkeit und Entrechtung
a) Das Steuersystem als Ursache von „Arbeitslosigkeit“
Öffentlichkeit und Gesetzgeber übersehen geflissentlich, dass der Staat die Arbeitslosigkeit erst erzeugt, die er per Hartz IV dann wieder „abzuschaffen“ vorgibt.
Maschinenarbeit und Rationalisierung werden
vom Staat gefördert !!
Des Weiteren wird von Maschinen-arbeit, obwohl sie ein gewaltig gesteigertes Arbeitspensum leistet und die menschliche Arbeit inzwischen gigantisch übersteigt, keinerlei Steuer oder Sozialversicherung erhoben...
Man stelle sich das Umgekehrte vor: Eine Maschine, die für 500 Menschen arbeitet, müsste Steuern und Sozialversicherung für 500 Menschen zahlen. Die menschliche Arbeit würde demgegenüber von Steuern und Sozialversicherung befreit: Wir hätten sofort wieder „Vollbeschäftigung“, weil menschliche Arbeit sofort sehr billig und Maschinenarbeit sehr teuer wäre.
Es würde sich allerdings um eine Art der Vollbeschäftigung handeln, wie wir sie im Mittelalter hatten.
b) Das Steuersystem als Ursache der Entrechtung:
Eine AUSGEGLICHENE (unterschiedslose) Besteuerung der Arbeit von Menschen und Maschinen, eine unterschiedslose Besteuerung der KOSTEN der Arbeit, die – ohne den Produktivitätszuwachs der Maschinenarbeit einzuschränken (!) – die menschliche Arbeit von der Steuer entlastet, wäre gut. [7]
Von den Menschen, die im heutigen System notwendig entlassen werden, weil einseitig ihre Arbeit mit Steuern und Sozialversicherung belastet ihre Arbeit „viel zu teuer ist“, zu verlangen, dass sie weiterhin steuerpflichtig arbeiten – heißt, sie in einen ungleichen Wettkampf mit der gnadenlos begünstigten Maschine zu zwingen.
Da die Maschine keinerlei Steuern entrichtet, wird kein Geld für sinnvolle Tätigkeit der Menschen frei. Die durch die Maschine bewirkte FREISTELLUNG von niederer Arbeit wird so in sinnlose Sklaverei verkehrt.
5.) Hartz IV und die wahren Interessen der Steuerzahler …
Während es unpassend ist und von mangelnder Sachkenntnis zeugt, die „Interessen des Steuerzahlers“ gegen die Hartz-IV-Empfänger auszuspielen, weil beide gleichermaßen „die Steuerzahler“ sind und alle Bürger Steuergeld erhalten – die höher verdienenden sogar sehr viel mehr als Hartz IV – ist es durchaus sinnvoll, das Hartz-IV-System als solches einmal vom Interesse des Steuerzahlers aus zu betrachten. Insgesamt stellt Hartz IV nämlich eine grobe Missverwendung des Steuergeldes dar:
- sondern auch die ungeheuren
Unternehmersubventionen, die mit Hartz IV ausgelöst worden sind
Auch die gegenwärtig schon bestehenden sehr
hohen Gerichts- und Anwaltskosten sind hier anzuführen, die schon alleine
deshalb entstehen, - und die Jobcenter für ihre (systemisch und massenhaft verhängten) Fehlentscheidungen in keiner Weise haften müssen! Die Jobcenter sind von Gerichtskosten befreit und müssen für falsch verhängte Sanktionen keine Strafen, Entschädigungen oder gar Schmerzensgelder zahlen. Schon die Schmerzensgelder wären sehr hoch, da Sanktionen ab 30 % starke psychische und gesundheitliche Probleme verursachen und oft die gesamten sozialen Verhältnisse der Betroffenen auseinander brechen lassen. Würden die Jobcenter für Fehlentscheidungen zur Rechenschaft gezogen und wären nicht von JEDER VERANTWORTUNG FREIGESTELLT - würde die Prozessflut sofort absinken, weil die JC ihre Entscheidungen viel genauer prüfen würden. Das politische Vorhaben, statt die Jobcenter für ihre Fehlentscheidungen zur Rechenschaft zu ziehen nunmehr dem Hartz-IV-Empfänger zur Dämmung der Prozessflut besondere Prozessgebühren aufdrücken zu wollen – verschärft die prinzipielle Ungerechtigkeit des Systems.
Hartz-IV-verursacht sind weiter - so dass „der Steuerzahler“ durch Hartz IV seine eigene Abschaffung (als möglicher Steuerzahler) und seine eigene Versklavung finanziert.
Mit dem Absinken des Volkseinkommens geht
auch ein Absinken der Binnenkaufkraft und ein Untergang der Mittelschicht
einher.
Weiter durch Hartz IV verursacht ist
Fazit:
eine Belastung, die man dem "Steuerzahler"
auf keinen Fall hätte aufbürden dürfen!
[1] Der Fall, dass ein Unternehmen selbst die von ihm verlangten Steuern und Sozialversicherungsbeiträge trägt, tritt erst ein, wenn der Kunde ihm seine Waren/Dienstleistungen nicht abkauft. Der Kunde gibt ihm dann das Geld für die vor-entrichteten Kosten nicht zurück. Damit ist aber der Sterbeprozess für das Unternehmen eingeleitet. Öffentliche Hilfsmaßnahmen für große Unternehmen stellen in dieser Hinsicht nichts anderes als eine Art von Steuerrückerstattung dar. [2] Es gibt einen Unterschied zwischen der politischen und der wirtschaftlichen Sichtweise auf die Steuern. Der Staat mag den „Erwerbstätigen“ für den Einkommenssteuer- und Sozialabgabenzahler halten, weil er von ihm die Entrichtung beider Abgaben verlangt. Jeder Kaufmann weiß aber, dass er nur überleben kann, wenn er ALLE Kosten dem Kunden in Rechnung stellt. - Der öffentlichen Fehlwahrnehmung der Steuern liegt eine oberflächliche von Seiten des Staates ausgehende Sichtweise zu Grunde.
[3]
In der Bundesrepublik stehen
ca. 51 Milliarden Stunden Erwerbsarbeit ca. 92 Milliarden Stunden
unbezahlter Arbeit gegenüber. Die unbezahlte Arbeit ist die Basis, auf
der sich die bezahlte Arbeit überhaupt erst erheben kann. Und viele
der nicht bezahlten Arbeiten werden gerade von Transferempfängern
verrichtet – wenn man sie nicht demotiviert und zwangsweise zu
beschäftigen versucht.
[4]
Aufzuzählen ist z.B. Reichtum
durch ausnutzen von Billiglöhnern, durch leistungslose Zinsen oder
Börsengewinne, durch großzügige Familienmitversorgungsysteme bei den
Hochverdienenden z.B. in Firmen, öffentlichen Einrichtungen, aber auch
im Bayerischen Landtag usf., durch weitaus zu hoch dotierte Vorträge
bei Politikern, weitest überzogene Managereinkommen, zweit-/dritt-/viert-Einkommen
aus verschiedenen Aufsichtsratsposten usf. Die leistungslosen
Einkommen werden nicht unten sondern OBEN bezogen – entsprechend den
Raten, in denen das Volkseinkommen nach oben entschwindet. [4b] Einer Hartz-IV-Empfängerin wird das Hartz-IV in Höhe des Kindergeldes abgezogen. Dennoch wird der politische Druck auf die Familie nicht vermindert. [5] Eine Bekannte berichtet, dass sie von den 50.000 Euro Einkommen 25tausend herunter rechnen könne nur 25 versteuern müsse – In den 25.000 treten dann die 8.000 Euro Freibetrag auf. [6] 17.500:100x19=3325 Euro [7] Eine solcher Vorschlag wird von Benediktus Hardorp und Götz Werner mit der „Konsumsteuer“ gemacht … Sie schlagen vor, unterschiedslos die anfallenden Produktionskosten zu besteuern und auch das gesamte Sozialsystem aus Steuern zu finanzieren. S.
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