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Berlin, den 24.01.2013

Liebe Freunde,

hier endlich mein
Bericht zum Gespräch am 18.01.2013 im Jobcenter ...
 

"Die zarteste Versuchung, seit es Schokolade gibt" … das war so ungefähr die Empfindung, die ich im Gespräch vom Beginn an hatte ... ;-)


Eine mir bisher unbekannte junge hübsche Frau, die zudem noch sehr freundlich und entgegenkommend war, war vor allem darum bemüht herauszufinden, ob man meine "bisher ehrenamtliche Tätigkeit" nicht doch irgendwie im Sinne des Systems als "selbständige Tätigkeit" anerkennen oder sie in eine solche verwandeln könne.
Nachtigall - ick hör dir trapsen ... ;-)
 

Bei so viel unerwartetem Entgegenkommen blieb mir zunächst nichts als ein großes Lächeln. Wegen der vielen Konfliktpunkte, auf die ich hinwies, sagte sie, dass sie mich jetzt neu übernommen hätte und der Fall daher jetzt neu beginnen werde. Es wäre nicht ihre Aufgabe, die Dinge der Vergangenheit abzuarbeiten und Sanktionen zu verhängen, die vorherige Mitarbeiter oder ältere Eingliederungsvereinbarungen beträfen.

 

Das war Schokolade pur …

 

Auf meine Anmerkung, dass man mir in Zukunft ja immer neue Sachbearbeiterinnen geben könne, so dass ich immer von Null beginnen und so nie mehr Sanktionen erhalten könne, sagte sie, dass sie mich schon behalten wolle ... :-)

 

Natürlich habe ich dann auch eine Eingliederungsvereinbarung erhalten. Ich bat, sie in einen Verwaltungsakt umzuwandeln, weil ich nur so dagegen klagen könne, was die Sachbearbeiterin dann auch „gerne“ tat.

(Für einen „Kunden“ ist der Verwaltungsakt ja bekanntlich das „bessere“, weil durch die Klagemöglichkeit wesentlich mehr Gestaltungsspielraum eröffnende Produkt.)


Für das vergangene halbe Jahr soll ich nun die genaue Auflistung meiner Tätigkeit erbringen, damit abgeschätzt werden kann, in welchem Umfang eine Anerkennung als berufliche Tätigkeit möglich ist. :-)

 

Auch für die Zukunft wird meine Tätigkeit jetzt wohlwollend „überprüft“.
Daneben – und jetzt wird die Schokolade doch ein bisschen mit Bitterstoff versehen – wird ein besonderes Augenmerk auf meine Ortsanwesenheit gelegt. Für Ortsabwesenheiten, die nicht genehmigt werden und die auch nicht im Sinn einer ERWEBSARBEIT unternommen sind, muss mir dann „leider“ der ganze Tagessatz – d.h. das volle Hartz IV – und dies: inklusive Wohngeld (!) – gestrichen werden. Ein bisschen Folter muss ja sein, wo man jetzt sonst so großzügig ist. Man könnte mich so auf "Null" setzen, auch ohne eine einzige Sanktion auszusprechen.

 

So weit, liebe Freunde, mein Bericht. Indem man dezidiert nicht mehr auf die bereits von mir geschaffenen Sanktionsgründe (s. hier) eingehen möchte und nach hinten wir nach vorne eine „wohlwollende Überprüfung meiner Tätigkeit“ unternimmt, will man sich aus der Schusslinie ziehen und weitere publikumswirksame Sanktionen aufschieben. Indem man die Ortsanwesenheit kontrolliert, kann man mir trotzdem Geld abziehen.

 

Ich bin schwer beeindruckt von dieser Zartbitter-Schokoladen-Doppelstrategie, die unbedingt patentiert werden müsste – und höchst gespannt, was mir da einfällt. Nach erstem Bedenken habe das Gefühl, es könnte köstlich werden. :-)

 

Mit herzlichem Gruß,

euer Ralph

  

 

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Die neue Eingliederungsvereinbarung gibt es hier