Bericht über den Verlauf
der mit dem Brandbrief begonnenen Auseinandersetzung
um die
Wiedereinrichtung der Menschenrechte in Deutschland
Teil 1:
Der "Vorlauf":
Um das
in jeder Weise grundgesetz- und
menschenrechtswidrige Sanktionssystem in Hartz IV über eine
Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe stoppen zu können, habe ich
mich selbst in die
Schusslinie aller Sanktionen von Hartz IV gestellt, dafür im Juni den
Brandbrief eines
entschiedenen Bürgers veröffentlicht und ihn mit Freunden an den
Bundespräsidenten, die Bundeskanzlerin, die Arbeitsministerin usf.
bis herunter zu den für mich zuständigen Mitarbeitern im Jobcenter
verteilt.
Mit einiger Verzögerung bin ich dann zum turnusmäßigen
Gespräch ins Amt
eingeladen worden ...
Bevor ich hinging, habe ich mir die
gesetzlichen Grundlage des Hartz IV-Vertrages, die sog.
"Eingliederungsvereinbarung", die jedem Harz-IV-ler - auch gegen seinen
Willen! - aufgezwungen wird, noch einmal angeschaut und
nichts weiter getan, als diesen Vertrag abzuschreiben und ins Netz zu
stellen: S.:
Die Eingliederungsvereinbarung - ein Dokument deutscher
Schande
Die "Rechtsfolgenbelehrung"
der Eingliederungsvereinbarung zu lesen, ist ein Schock!
Sie zeigt, dass Hartz IV keinerlei Berührung mehr mit dem
Grundgesetz hat und in unfassbarem Ausmaß die Menschenwürde der
Arbeitslosen mit Füssen tritt
Dies habe ich in einem geharnischten
Schreiben geäußert und dieses Schreiben
statt einer
Eingliederungsvereinbarung beim Amt abgegeben - natürlich nicht, ohne
die automatische, entmündigende Einsetzung der Eingliederungsvereinbarung
per Verwaltungsakt heftig untersagt zu haben.
Das
Gespräch im Amt verlief freundlich.
Es war von vorneherein klar, dass es sich um ein Treffen zweier Welten
(der des SGB II und der des Grundgesetzes) handelt, die kaum mehr in
Berührung stehen; dass daher auch, was zum Verhandeln anstand, kaum in
Einklang zu bringen war.
Die Reaktion des Amtes war erstaunlich:
Statt mich zu sanktionieren,
bat man mich, eine
"positive Fassung" einer Eingliederungsvereinbarung
einzureichen.
Die erwünschte
"positive Fassung"
einer Eingliederungsvereinbarung lieferte ich natürlich gerne. Um
sie abzurunden, hatte ich ihren Rohenwurf vorher offen ins Netz gestellt, so dass
sie jetzt ein von sehr vielen Menschen begeistert mitgestaltetes Gemeinschaftswerk
ist. Sie ist sehr offensiv und klärend und heilt die grundrechtswidrigen
Einschränkungen der gewöhnlichen Eingliederungsvereinbarung gründlich aus.
Die Antwort des Amtes war wieder
erstaunlich -
gewissermaßen der zarteste Bestechungsversuch, seit es Schokolade gibt.
Man sandte mir die gewöhnliche Eingliederungsvereinbarung zu - unter
"Pflichten von Ralph Boes" trug man aber genau das ein, was ich zuvor
gefordert hatte:
Man stellte mich vollständig für alle meine eigenen
Aktivitäten frei.
Weil die übrigen Elemente der amtlichen
Eingliederungsvereinbarung allerdings immer noch dem Recht und Grundgesetz
widersprachen, wollte ich trotzdem nicht zustimmen und
lehnte den
(nur von mir so genannten!) "freundlichen Bestechungsversuch" ab.
Ab da schwieg man sich
amtlicherseits mir gegenüber aus. Ohne eine Eingliederungsvereinbarung
befand ich mich monatelang in einem gewissermaßen rechtsfreien Raum. Ich
bekam unbeanstandet mein Geld, aber man wollte nicht mehr mit mir
spielen.
Inzwischen haben Freunde und ich zu dem
bis dahin stattgefundenen Prozess den
Film
"Ziviler Ungehorsam" gemacht, der inzwischen im
Internet ein Renner ist,
s. hier >>
Urteile zum Film:
„Ein Brandbrief, wie er im Buche steht: radikal und konsequent
bis zum letzten Punkt! Herzlichen Dank für dieses Werk! Es ist ein Beitrag
zur Rettung der Demokratie! Möge der Brief Fanal werden für breite
Diskussionen über die Organisation der Gesellschaft, ihre Grundwerte und
Visionen.“ Karin G.
„Selten habe ich eine Rede
mehr genossen als die Ihrige. Mit Ihrem Humor und Empörung, Ihrer
Schlitzohrigkeit, Ironie und Beharrlichkeit ziehen Sie in bester
sokratischer Tradition gegen das System zu Felde.“ Jan S.
„ … lange Zeit habe ich
mich, meiner Situation entsprechend, hilflos gefühlt. Ihr Interview hat
mich gestärkt, meinen Glauben an eine gerechte Gesellschaft nicht
aufzugeben.“ Florian Z.
Weitere Urteile gibt es
hier >>
Inzwischen hatte ich die Zeit, wie immer,
genutzt, um genau das zu tun, was mir seit neuestem sogar verordnet worden
war: Ich habe getan, was ich selbst für richtig hielt.
Weil aber zu lange alleine spielen keinen Spaß macht, habe ich
versucht, das Jobcenter mit einer recht
unbekümmerten Nachfrage aus der
Reserve zu locken.
Da man immer noch keine Lust hatte,
wieder mizuspielen, habe ich zu
quängeln
angefangen. (smile)
Dann kam die Antwort - und sie ist
grandios:
Eine neue Sachbearbeiterin, die in den bisher abgelaufenen Prozess nicht
involviert war, hat mir
rückwirkend eine Generalabsolution - für ab sofort aber eine nette Zwangsverfügung
(Verwaltungsakt) erteilt, s.
hier >>
Zunächst ein
vorläufiger Widerspruch und dann ein
endgültiger Widerspruch wurden von mir geschrieben, die dann
erwartungsgemäß
abgelehnt wurden.
Damit ist die Auseinandersetzung in eine neue Stufe eingetreten!
Besonders berührt hat mich, dass jemand
zu dem Text des endgültigen Widerspruches schrieb:
"Habe gerade deinen Widerspruch gelesen.
Deine Arbeit ist ein Licht in
großer Dunkelheit. Deine Worte sind sehr berührend und überzeugend. Es
ist unglaublich wichtig, gegenüber der Abrichtungs-behörde und der
Sprachvergewaltigung durch die Philosophie der "Neuen Mitte" eine
eigene, wahrhaftige SPRACHE zu finden.
Die Menschen in ALGII werden
nicht nur ihrer Würde und dem Zugang zu ihren inneren Antrieben beraubt,
sie werden auch sprachlos gemacht. Deine Texte setzen dem Sprachraub
etwas entgegen. Eine Sprache zu finden, ist der erste Schritt auf dem
Weg zu Veränderungen.
Berlin, den 02.07.2012
Ralph Boes
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